Gastbeitrag zur GEMA-Mitgliedschaft von Rechtsanwalt Christian Solmecke

Die Mitgliedschaft in der GEMA – eine Verbindung auf Ewig?

Die Grundidee der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (kurz GEMA) ist denkbar einfach. Einzelnen Künstlern wie Textdichtern und Komponisten ist es in der Praxis nahezu unmöglich, die Nutzung ihrer urheberrechtlich geschützten Werke selbst zu kontrollieren und vom Verwender eine entsprechende Vergütung zu verlangen. Durch Unterzeichnung des sog. Berechtigungsvertrages räumen die Urheber der GEMA daher ausschließliche Nutzungsrechte ein. Als zentraler Verwerter ist die GEMA dann zur Wahrnehmung der Rechte und Ansprüche unter angemessenen Bedingungen befähigt und verpflichtet.

Doch im digitalen Zeitalter von YouTube, Spotify, Soundcloud und Co. bringt die vertragliche Bindung für viele GEMA-Mitglieder Fragen und Probleme mit sich. Vor allem für bisher unbekannte Textdichter und Komponisten ist das Internet eine gute Plattform, um sich eine Hörerschaft aufzubauen und sich selbst zu promoten. Viele kommen daher auf die Idee, ihre Musik kostenlos bei YouTube oder auf eigenen Websites zum Download oder Stream anzubieten, um ihre Bekanntheit zu steigern.

Doch selbst die Urheber dürfen – sofern im Berechtigungsvertrag ein ausschließliches Nutzungsrecht übertragen wurde – ohne Zustimmung der GEMA ihre eigenen Werke nicht einfach weiter verbreiten. Und selbst wenn eine Einwilligung eingeholt wird, müsste der Urheber, der seine Musik auf einer eigenen Webseite zum kostenlosen Download anbietet, GEMA-Gebühren abführen. Eine Regelung, die für ihn theoretisch hohe Kosten verursachen kann und daher nur schwer zu vermitteln ist; Schließlich handelt es sich doch um die „eigene“ Musik.

Angesichts einer oftmals bemängelten Unflexibilität und dem Gesichtspunkt der Rentabilität fragen sich mehr und mehr Mitglieder, ob ein Verbleib in der GEMA noch sinnvoll ist und wie eine vertragliche Bindung möglicherweise aufhebbar wäre.

Zunächst muss festgehalten werden, dass theoretisch durchaus Möglichkeiten bestehen, das Vertragsverhältnis individuell zu gestalten. So könnte die Einräumung der Online-Verwertungsrechte von vornherein aus dem Vertrag ausgeklammert werden. In der Praxis wird sich die GEMA gleichwohl regelmäßig nicht auf eine solche Vereinbarung einlassen und dem Urheber den Vertragsabschluss lediglich zu den von ihnen gestellten Konditionen – mit umfassender Einräumung der Nutzungsrechte für alle Nutzungsarten – anbieten.

Kommt man aus dem GEMA-Vertrag wieder raus?

Sofern bereits umfassende Berechtigungsverträge geschlossen wurden, stellt sich die Frage nach der Beendigung des gesamten Vertrages durch eine Kündigung. Mit Beendigung wäre die GEMA nicht mehr zur Übertragung der Rechte an Dritte und zur Geltendmachung der Ansprüche befugt, da diese ohne einen weiteren Rückübertragungsvorgang an den ursprünglichen Rechtinhaber zurückfallen.

Grundsätzlich sieht der Berechtigungsvertrag (aktuelle Fassung vom 25. / 26. Juni 2013) eine Vertragsdauer von drei Jahren vor, jedoch mindestens bis zum Jahresende nach Ablauf des dritten Jahres. Er verlängert sich um jeweils weitere drei Jahre, wenn er nicht innerhalb von sechs Monaten vor Ablauf gekündigt wird. Es wird also nach Vertragsschluss mindestens drei Jahre dauern, um mittels ordentlicher Kündigung aus dem Vertrag heraus zu kommen.

Beachtlich ist allerdings, dass der Berechtigungsvertrag auch die Möglichkeit einer Teilkündigung hinsichtlich der Rechtsübertragung von Onlinenutzungen vorsieht. Umfasst von dieser Onlinenutzung ist auch die Speicherung des übermittelten Werkes beim Endnutzer (Download).

Solch eine Teilkündigung beendet das Vertragsverhältnis allein hinsichtlich der Online-Nutzungsart. Für die Teilkündigung ist eine Beendigung zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist vorgesehen. Im Übrigen bleibt der Berechtigungsvertrag von der Teilkündigung unberührt. Zu beachten ist überdies, dass die Kündigung erst mit Ablauf der Frist wirksam wird, d.h. auch nach Kündigungserklärung hergestellte Werke bis zur tatsächlichen Beendigung des Vertrages noch in den Vertrag einbezogen werden. Erst mit der tatsächlichen Beendigung (mit Ablauf der drei Jahre bzw. des Kalenderjahres) fallen die Rechte wieder an den Urheber zurück und er kann frei darüber verfügen.

Neben dem vertraglichen ordentlichen Kündigungsrecht besteht die Möglichkeit, sich durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund vom Vertrag zu lösen. Vor der Schuldrechtsreform wurde ein solches Kündigungsrecht für urheberrechtliche Verwertungsverträge von der Rechtsprechung aus §§ 626, 723 analog abgeleitet. Nunmehr wird auf diese Verträge – sofern sie ein Dauerschuldverhältnis begründen – § 314 BGB direkt angewandt (so z. B. OLG Hamburg, Urteil vom 23.03.2011, 5 U 273/08).

Nach § 314 Abs. 1 Satz 2 liegt ein wichtiger Grund dann vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Bedingung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Diese strengen Anforderungen hat die Rechtsprechung z. B. bei mehreren massiven Verstößen eines Musikverlages gegen seine Abrechnungspflichten aus einem Verwertungsvertrag mit dem Urheber als erfüllt angesehen. Die Verstöße hätten nachvollziehbar zu der Zerstörung des erforderlichen Vertrauensverhältnis zum Rechtewahrnehmenden geführt (OLG Hamburg, Urteil vom 23.03.2011, 5 U 273/08). Diese Wertung könnte auch auf die Berechtigungsverträge der GEMA übertragen werden.

Die einfache Behauptung, die GEMA sei einer Bekanntheitssteigerung abträglich, dürfte demnach wohl kaum die Annahme eines wichtigen Grundes rechtfertigen. Zudem wäre diese Behauptung in prozessualer Hinsicht nur schwer nachweisbar. Vielmehr könnte sich die GEMA darauf berufen, dass die entsprechenden Umstände allein in der Risikosphäre des Urhebers lägen.
Gleiches dürfte für ein etwaiges Kündigungsrecht aus § 313 Abs. 3 BGB gelten. Abgesehen von einem vorrangigen Anspruch auf Anpassung des Vertrages dürfte bereits fraglich sein, was die Umstände wären, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind und inwieweit sich diese überhaupt geändert hätten bzw. welche wesentlichen Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausgestellt hätten.

Zudem müssten die Fehlvorstellungen auch beiden Parteien zurechenbar sein, was bei Fehlvorstellungen über die Bekanntheitssteigerung wohl kaum zu bejahen sein wird. Pläne und Absichten lediglich einer Partei werden hingegen regelmäßig nicht Vertragsgrundlage.

Da die Anwendung des § 313 BGB – wie auch § 314 BGB – letztlich immer eine Interessenabwägung im Einzelfall erfordert, wird es hier aber immer auf den vorliegenden Einzelfall ankommen.

Der Beitrag wurde ursprünglich veröffentlicht auf WILDE BEUGER SOLMECKE

Autor: Rechtsanwalt Christian Solmecke
Christian Solmecke ist Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE und inbesondere in den Bereichen des IT-, des Medien- und des Internetrechts tätig. Darüber hinaus ist er Autor zahlreicher juristischer Fachveröffentlichungen in diesen Bereichen.